Moral Hazard: Definition, Ursachen, Folgen & Beispiele

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne 5,00 von 5 Sterne

Loading...

In diesem Artikel erfährst du, was moral hazard genau ist, welche Ursachen und Folgen es gibt und wie das Ganze mit anderen ökonomischen Phänomenen wie der Informationsasymmetrie, opportunistischem Verhalten und der Prinzipal- Agenten- Theorie (Agency Theory) zusammenhängt.

Definition : Moral Hazard bedeutet im Deutschen moralisches Risiko und beschreibt das opportunistische Verhalten eines Vertragspartners nach Vertragsabschluss, das durch falsche Anreize oder ungleiche Informationen entstehen kann.

Moral Hazard ist ein Grundproblem der Anreizgestaltung. Ein Individuum setzt seine eigenen Bedürfnisse durch, um einen ökonomischen Vorteil für sich selbst zu garantieren. Die Konsequenzen dieses Verhaltens müssen dann andere ausbaden.

Um das moralische Risiko in seinen Grundzügen zu verstehen, musst du allerdings zuerst verstehen, wie es überhaupt dazu kommt. Dazu ist es nötig, sich andere ökonomische Phänomene anzuschauen, die zu einem moralischen Risiko führen.

Ursachen des moralischen Risikos

Es gibt zwei Hauptursachen für das moralische Risiko, die du im weiteren Verlauf dieses Artikels kennenlernen wirst. Zum einen die Prinzipal- Agent- Theorie und zum anderen die Informationsasymmetrie.

Prinzipal- Agenten- Theorie (Agency Theory)

Worum geht es in dieser Theorie und wieso ist das Ganze relevant, um zu verstehen, was Moral Hazard ist?

Ein Auftraggeber überträgt bestimmte Aufgaben und Entscheidungskompetenzen auf Basis einer vertraglichen Vereinbarung an einen beauftragten Partner. Es gibt also einen Prinzipal, der einen Agenten gegen Entgelt engagiert, um Aufgaben für ihn zu übernehmen.

Beispiele:

  • Aktionäre und Manager
  • Arbeitgeber und Arbeitnehmer
  • Arzt und Patient
  • Versicherung und Versicherungsnehmer
  • Bank und Kunde
  • Student und Professor

Eine typische Prinzipal- Agenten- Konstellation ergibt sich zum Beispiel bei Eigentümern eines Unternehmens (Prinzipal), die die Unternehmensführung an ein Management (Agent) übertragen.

Doch wieso ist solch eine Konstellation im Allgemeinen überhaupt sinnvoll?

Ganz einfach, abgesehen von dem wirtschaftlichen Aspekt der Arbeitsteilung und Spezialisierung, hat der Agent meistens spezialisierte Fähigkeiten und einen Informationsvorsprung gegenüber dem Prinzipal. Außerdem hat der Prinzipal Opportunitätskosten.

Das klingt viel komplizierter als es ist. Beschreiben wir das ganze mal an einem Beispiel. Der Agent ist zum Beispiel ein Handwerker, der spezialisierte Fähigkeiten hat (z.B. Rohre verlegen). Dies kann der Prinzipal nicht, deshalb engagiert er den Agenten. Der Agent hat somit einen Informationsvorsprung, da er etwas beherrscht, wovon der Prinzipal keine Ahnung hat, allerdings spart sich der Prinzipal dadurch die Zeit, zu erlernen, wie man Rohre verlegt und den Aufwand dies selbst tun zu müssen.

Allerdings führt der Informationsvorsprung des Agenten auch zu einem Problem.

Je weniger Informationen der Prinzipal über die Motive, die Handlungsmöglichkeiten und das Leistungsverhalten des Agenten hat, desto größer ist für den Prinzipal das Risiko, dass der Agent nicht nur das Interesse des Prinzipals verfolgt, sondern sein eigenes Interesse verfolgen oder gar maximieren möchte.

Der Agent verspürt nämlich zur Nutzenmaximierung einen Anreiz, die Möglichkeit den Informationsvorsprung zu Lasten des Prinzipals wahrzunehmen. Dies basiert auf der Annahme opportunistischen Verhaltens und führt uns wieder zu moral hazard. 

Moral Hazard :Die Gefahr, dass der Agent den Informationsnachteil des Prinzipals opportunistisch ausnutzt

Beziehen wir das jetzt wieder auf unser Beispiel mit dem Handwerker, kann es sein, dass dieser seinem Auftraggeber sagt, dass der Rohrschaden größer sei, als er tatsächlich ist, nur um mehr Geld zu erhalten. Er hat dabei die Maximierung seines eigenen Nutzens im Sinn und weist ein opportunistisches Verhalten auf.

Der Informationsnachteil des Prinzipals und somit der Informationsvorsprung des Agenten stellt eine Informationsasymmetrie dar. Doch was genau versteht man unter asymmetrischen Informationen? Welche Ausprägungen gibt es und welche Folgen?

Informationsasymmetrie

Asymmetrische Informationen entstehen dadurch, dass der Prinzipal die Absichten und Handlungen des Agenten nicht genau beobachten bzw. einschätzen kann.

Du hast im Kontext der Agency Theory bereits erfahren, dass der Agent durch spezialisierte Fähigkeiten oder Kenntnisse einen Informationsvorsprung gegenüber dem Prinzipal haben kann. Üblicherweise existiert jedoch auch die Möglichkeit des Agenten zur Informationsvorenthaltung gegenüber dem Prinzipal hinsichtlich des tatsächlich erzielten Ergebnisses seines Arbeitseinsatzes.

Informationsasymmetrie ist folglich auch eine Ursache für moral hazard.

Es gibt unterschiedliche Ausprägungen von Informationsasymmetrien, hinsichtlich der Aufgabenerfüllung, also den Fähigkeiten, Kenntnissen, Erfahrungen und Tricks und hinsichtlich des Verhaltens des Agenten.

 

Informationsasymmetrien:

  • Hidden Action
  • Hidden Information
  • Hidden Characteristics
  • Hidden Intention

Hidden Action

Nach Vertragsabschluss entstehen für den Agenten verborgene Handlungsspielräume. Der Agent kann diese nutzen, um die Qualität oder Quantität seiner Leistungen zu reduzieren.

Die Handlungen und das Verhalten des Agenten sind nicht beobachtbar. Der Prinzipal hat also keine genaue Kenntniss über das tatsächliche Leistungsverhaltens des Agenten. Auch wenn das Ergebnis hinterher feststellbar ist, lassen sich daraus keine sicheren Rückschlüsse auf die Leistungsbemühungen des Agenten ziehen.

Hidden Information

Der Prinzipal kann nach Vertragsabschluss die Aktivitäten des Agenten beobachten, jedoch aufgrund mangelnder Fachkenntnisse nicht beurteilen.


Beispiele:

  • Die Autoreparatur in einer Werkstatt: man kann zwar dabei zugucken, wie das Auto repariret wird, würde aber ohne eigene Kentnisse nicht merken, wenn dabei etwas falsch oder unsorgfältig gemacht wird.
  • Der Kunde eines Vermögensverwalters hat Kenntnisse darüber, in welche Assettklassen sein Kapital investiert wurde, kann aber ohne ausreichende Fachkenntnisse nicht die Effizienz der Vermögenslage beurteilen

Lösungsansätze: Hidden Action und Hidden Information

Der Prinzipal hat keine Kenntnisse darüber, ob und in welchem Ausmaß Hidden Information oder Hidden Action vorliegen.

Auf der Grundlage opportunistischer Verhaltensweisen besteht demnach das Risiko, dass der Agent die asymetrische Informationsverteilung ausnutzt.

Welches Phänomen beschreibt das? Genau Moral Hazard. Du siehst also, wieso sowohl die Agency Theory als auch die Informationsasymmetrie und opportunistisches Verhalten in diesem Artikel erklärt werden. Sie stehen nämlich alle im Zusammenhang mit Moral Hazard.

Aber für jedes Problem gibt es ja bekanntlich eine Lösung, oder zumindest Lösungsansätze.

Ganz Allgemein kann Moral Hazard durch eine Verringerung der Informationsasymmetrien ebenso wie durch eine Angleichung der Interessen von Prinzipal und Agent entgegen gewirkt werden.

Für Hidden Action und Hidden Information, gibt es zwei konkrete Lösungsansätze:

Hidden Action und Hidden Information sind allerdings nicht die einzigen Informationsasymmetrien, die es gibt. Auch Hidden Characteristics und Hidden Intention führen zu Moral Hazard und sind daher für dich wissenswert.

Hidden Characteristics

Es gibt Eigenschaften des Agenten, die dem Prinzipal vor Vertragsabschluss nicht bekannt sind, sich jedoch nach Vertragsabschluss offenbaren.

Aufgrund der verborgenen oder vorenthaltenden Eigenschaften des Agenten, kann der Prinzipal die Qualifikationen des Agenten nicht umfassend beurteilen.

Daraus resultiert die Gefahr der Adverse Selection.

Adverse Selektion ist eine Negativauslese. Sie führt dazu, dass Anbieter wie z.B. Arbeitnehmer hoher Qualität teilweise oder vollständig vom Markt verdrängt werden.

Eines der bekanntesten Beispiele, wenn es um Hidden Characteristics und Adverse Selection geht ist das Beispiel: “The Market for “Lemons””

Die Ausgangssituation ist der Markt für Gebrauchtwagen, auf dem es ein Angebot von “guten” und “schlechten” Gebrauchtwagen gibt (Lemons).

Der Verkäufer der Gebrauchtwagen verfügt über umfassende Kenntnisse bezüglich des Zustandes und etwaiger Mängel der Wagen, legt diese Informationen aber nicht offen, da er den zu erzielenden Gewinn maximieren möchte. Der Käufer hingegen verfügt lediglich über offensichtliche Informationen.

Die Problematik dahinter ist, dass der Käufer die Qualität des Wagens vor Vertragsabschluss nicht kennt (Hidden Characteristics).

Er legt im voraus einen maximalen Preis fest, den er bereit ist zu zahlen. Der Preis der “guten” Gebrauchtwagen liegt über seinem festgesetztem Preis und der Verkaufspreis der sogenannten “Lemons” liegt darunter. Dies führt dazu, dass Anbieter der “guten” Gebrauchtwagen vom Markt verdrängt werden. (Adverse Selection)

Lösungsansätze: Hidden Characteristics

1. Signaling

Signaling geht vom Agenten aus. Der Agent signalisiert dem Prinzipal seine Bereitschaft zur Erbringung des vereinbarten Arbeitseinsatzes sowie das Vorliegen bestimmter Eigenschaften und Qualifikationen.

Beispiele:

  • Hochschulabschluss
  • besonderes Praktikum
  • schnelles Studium
  • soziales Engagement
  • Empfehlungsschreiben
  • Qualifikationen und Zeugnisse
  • im “Lemons-Beispiel”: z.B. durch Gebrauchtwagensiegel

2. Screening

Screening geht vom Prinzipal aus. Der Prinzipal ist bereit, Kosten zu übernehmen, um Hidden Characteristics vor Vertragsabschluss aufzudecken.

Beispiele:

  • Assessment Center
  • Einstellungstest
  • Referenzen
  • im “Lemons-Beispiel”: z.B. durch Probefahrten

3. Self-Selection

Dem Agenten werden zum Beispiel vom Prinzipal mehrere Vertragsversionen angeboten, die sich hinsichtlich des darin festgelegten Arbeitseinsatzes oder hinsichtlich des Entlohnungssystems des Agenten unterscheiden.

Der Agent wählt dann in Abhängigkeit des von ihnen gewünschten Arbeitseinsatzes den geeigneten Vertrag aus und legt auf diese Weise seine Präferenzen offen.

Bei der Self-Selection werden geeignete Bewerber herausgefiltert und ungeeignete Bewerber abgeschreckt, indem man die Vertragsbedingungen so gestaltet, dass die ungeeigneten abgeschreckt werden.

Beispiele:

  • Leistungslohn
  • Probezeit
  • Sensoritätsentlohnung

Hidden Intention

Der Prinzipal steht meistens in einem Abhängigkeitsverhältnis mit dem Agenten. Nach Verztragsabschluss legt der Agent sein opportunistisches Verhalten offen und nutzt die Abhängigkeit des Prinzipals zu dessen Nachteil aus.

Beispiel:

  • Forderung von Preisnachlässen eines großen Automobilherstellers gegenüber einem kleinen Zulieferer, dessen Existenz abhängig von dieser Geschäftsbeziehung ist.

Jetzt solltest du wissen, was Moral Hazard ist, wie es zu Stande kommt und was man dagegen machen kann. Falls du jedoch immernoch keinen guten Überblick hast, schaue dir gerne folgendes Video an, in dem das Ganze noch einmal kurz und knapp erklärt wird.

Wenn du testen möchtest, ob du auch wirklich alles wichtige behalten hast, hier noch ein kleines Quiz und FAQ am Ende.

Quiz

Ergebnisse

#1. Welches der folgenden Beispiele kann als Hidden Characteristics bezeichnet werden?

#2. Welche drei Lösungsansätze gibt es bei Hidden Characteristics?

#3. Das bekannte Beispiel: "The Market of Lemons" ist ein Beispiel welcher Informationsasymmetrie?

#4. Assessment Center und Einstellungstests sind Beispiele für welchen Hidden Characteristics Lösungsansatz?

#5. Moral Hazard ist...

Beenden

FAQ

Wie kann vertraglich sichergestellt werden, dass der Agent eine Leistung erbringt, die dem Interesse des Prinzipals weitgehend entspricht?

Leistungslohn, Probezeit, Senioritätsentlohnung

Warum entstehen Informationsasymmetrien?

Der Prinzipal kann die Absichten und Handlungen des Agenten nicht genau beobachten, vorhersehen oder einschätzen

Welche Informationsasymmetrien gibt es?

  • Hidden Action
  • Hidden Information
  • Hidden Characteristics
  • Hidden Intention

Was versteht man unter Moral Hazard?

Das opportunistische Verhalten eines Vertragspartners nach Vertragsabschluss, das durch falsche Anreize oder ungleiche Informationen entstehen kann.

Was beschreibt die Prinzipal- Agent- Theorie?

Die Theorie beschreibt das Verhalten zweier Vertragsparteien bei einer asymmetrischen Informationsverteilung

Bewerte gerne diesen Artikel!

Wir würden uns riesig freuen, wenn Du zum Schluss noch eine Sternebewertung hinterlässt. Vielen Dank!
1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne 5,00 von 5 Sterne
Loading...

Kennst du schon unsere Beiträge zur Wirtschaftlichkeit oder zu Bedürfnis, Bedarf & Nachfrage? Schau auch hier gerne mal vorbei!

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert