Du betrachtest gerade Ablassbriefe: Geschichte, Bedeutung und ihre Rolle im Mittelalter
Ein Skandal, der die Kirche erschütterte

Ablassbriefe: Geschichte, Bedeutung und ihre Rolle im Mittelalter

Stell dir vor, du könntest deine „Fehler“ einfach wegkaufen – wie ein Ticket, das dir verspricht, alle Probleme zu lösen. Genau das waren Ablassbriefe im Mittelalter, die gegen Bezahlung die Strafe im Fegefeuer verkürzen sollten.

Viele Menschen fürchteten das Fegefeuer und griffen deshalb auf Ablassbriefe zurück. Doch diese Praxis sorgte für massive Kritik, weil sie Erlösung käuflich erscheinen ließ.

Doch wie kam es dazu – und was genau hat Luther daran so gestört? In diesem Artikel erfährst du mehr darüber!

Was genau waren Ablassbriefe?

Ablassbriefe waren Dokumente, die von der Kirche ausgestellt wurden und den Gläubigen versprachen, ihre Zeit im Fegefeuer zu verkürzen.

Der Fegefeuer-Glaube besagte, dass die Seelen der Verstorbenen für begangene Sünden büßen mussten, bevor sie ins Paradies gelangen konnten. Doch anstatt Buße durch Gebet und Fasten zu tun, konnten Menschen durch den Kauf von Ablassbriefen von dieser Strafe „freigekauft“ werden. Diese Praxis wurde vor allem im 15. und 16. Jahrhundert weit verbreitet, führte zu erheblichen Kontroversen und spielte eine zentrale Rolle in der Reformation.

So sahen die Ablassbriefe aus
Ablassbrief, im Bestand des Stralsund Museums

Johann Tetzel – Der bekannteste Ablassprediger

Ein besonders bekannter Ablassprediger war Johann Tetzel. Geboren 1460 in Sachsen, war er ein Dominikanermönch, der berühmt wurde, weil er Ablassbriefe verkaufte.

Johann Tetzel verkaufte Ablassbriefe
Fiktives Porträt von Johann Tetzel, Wikipedia, gemeinfrei

Tetzel reiste durch Sachsen, Süddeutschland und Österreich, um Ablassbriefe zu verkaufen, mit denen die Gläubigen ihre Sünden gegen Geld vergeben lassen konnten. Dies geschah im Auftrag des Papstes, der Geld für den Bau des Petersdoms in Rom benötigte.

Der Erzbischof Albrecht von Brandenburg organisierte den Verkauf und setzte Tetzel ein, um die Ablassbriefe in seinen Bistümern zu verbreiten.

Tetzel setzte auf aggressive Werbetechniken, wie den Spruch:

„Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt.“

Er stellte sogenannte „Ablasskästen“ auf, die einen Teufel zeigten, der die Seelen im Fegefeuer quälte, um die Menschen noch mehr zum Kauf der Ablassbriefe zu drängen.

Der Handel mit Ablassbriefen – ein lukratives Geschäft

Im Mittelalter war der Ablasshandel nicht nur eine religiöse, sondern auch eine finanzielle Angelegenheit. Die Kirche erkannte, wie viel Geld sie mit dem Verkauf von Ablassbriefen verdienen konnte. Besonders zu Zeiten von Papst Leo X. nahm der Ablasshandel daher beträchtliche Ausmaße an. Er benötigte dringend Geld für den Neubau des Petersdoms in Rom und gab deshalb den sogenannten „Petersablass“ heraus, um für den Bau zu sammeln. Auch Kardinal Albrecht von Brandenburg förderte den Verkauf von Ablassbriefen, um die Schulden zu begleichen, die er für sein Amt aufgenommen hatte. So zogen die Ablassprediger durchs Land und verkauften ihre „heiligen Briefe“.

Warum protestierte Martin Luther gegen den Ablasshandel?

Martin Luther, der 1517 in Wittenberg seine 95 Thesen veröffentlichte, war empört über den Ablasshandel. Für ihn war die Vorstellung, dass man sich von Sünden freikaufen konnte, völlig unvereinbar mit der Bibel und dem wahren Glauben. Luther glaubte, dass die Vergebung nur durch Reue und Buße, nicht durch Geld, erlangt werden konnte. Seine Thesen, in denen er den Missbrauch des Ablasswesens anprangerte, wurden somit zur Keimzelle der Reformation.

Bildquelle: Landesbibliothek Stuttgart, aufgenommen von Dr. Christian Hermann.
Exemplar der Bibelsammlung der Landesbibliothek Stuttgart, aufgenommen von Dr. Christian Hermann.

Reformation – Ein Wendepunkt in der Kirchengeschichte

Luthers 95 Thesen, die sich gegen den Ablasshandel richteten, wurden von vielen Gläubigen unterstützt und lösten eine breite Bewegung aus.

Martin Luther - Ablassbriefe

Am 31. Oktober 1517, dem Reformationstag, nagelte Luther seine Thesen an die Wittenberger Kirchentür, was als symbolischer Beginn der Reformation gilt.

Diese Bewegung führte zu einer tiefen Spaltung der Kirche und zur Entstehung neuer christlicher Glaubensrichtungen, die die katholische Kirche herausforderten. Der Ablasshandel und die Kritik daran trugen dazu bei, die religiöse und politische Landschaft in Europa grundlegend zu verändern.

Die Bedeutung der Ablassbriefe für die Geschichte

Die Ablassbriefe sind ein interessantes Beispiel dafür, wie religiöse Praktiken für finanzielle und politische Zwecke genutzt wurden. Doch sie zeigen auch, wie wichtig es ist, die Autoritäten in Frage zu stellen, besonders wenn die Grenzen zwischen Glaube und Profit verschwimmen. Ohne den Protest von Martin Luther und den darauffolgenden Ereignissen der Reformation wäre die Geschichte des Christentums sicherlich anders verlaufen.

Hast du noch Fragen? In unserem FAQ haben wir die wichtigsten Informationen zu Ablassbriefen und ihrer Rolle im Mittelalter für dich zusammengefasst.

Was waren Ablassbriefe?

Ablassbriefe waren Dokumente, die von der Kirche verkauft wurden und den Gläubigen versprachen, die Zeit ihrer Seelen im Fegefeuer zu verkürzen. Diese Praxis war besonders im 15. und 16. Jahrhundert verbreitet und erlaubte es den Menschen, Sünden durch Bezahlung zu „vergüten“.

Warum wurden Ablassbriefe verkauft?

Die Kirche, insbesondere Papst Leo X., benötigte Geld für den Bau des Petersdoms in Rom. Daher wurde der Verkauf von Ablassbriefen organisiert, um die nötigen Mittel zu beschaffen. Auch der Erzbischof Albrecht von Brandenburg nutzte den Verkauf zur Schuldenbegleichung.

Warum protestierte Martin Luther gegen den Ablasshandel?

Martin Luther kritisierte den Ablasshandel scharf, weil er der Meinung war, dass die Vergebung von Sünden nicht käuflich sein könne. Für Luther war wahre Reue und Buße der einzige Weg zur Erlösung. Seine Kritik, formuliert in den „95 Thesen“ von 1517, führte zur Reformation und zur Spaltung der Kirche.

Wie beeinflusste der Ablasshandel die Reformation?

Der Ablasshandel spielte eine zentrale Rolle bei der Auslösung der Reformation. Luthers Proteste gegen den Verkauf von Ablassbriefen und seine Veröffentlichung der 95 Thesen im Jahr 1517 führten zu einer breiten Bewegung, die die katholische Kirche herausforderte und die Entstehung neuer christlicher Glaubensrichtungen förderte.

Ablassbriefe waren ein wichtiger Teil der Geschichte und haben die Gesellschaft im Mittelalter stark beeinflusst. Sie sind ein spannendes Thema, das auch heute noch viel über die damalige Zeit verrät.

Möchtest du tiefer in die Geschichte der Reformation eintauchen und ihre Bedeutung für Kirche und Gesellschaft besser verstehen? Teile gerne deine Gedanken oder Fragen in den Kommentaren – wir freuen uns auf den Austausch!

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (Noch keine Bewertungen)
Loading...

Interessierst du dich auch für andere Aspekte des Mittelalters?

Lies mehr über die mittelalterliche Stadt oder die Kreuzzüge im Mittelalter.

Schreibe einen Kommentar