Für Künstler spielt der Farbkreis eine große Rolle – und auch im Kunstunterricht wirst du ihn dir früher oder später etwas genauer ansehen müssen. Hier erfährst du alles wissenswerte zum Thema!
Wir erklären dir…
… was ein Farbkreis überhaupt ist,
… welche Arten des Farbkreises es gibt
… und wie er Künstlern (und im Kunstunterricht) hilft.
Lass uns gleich loslegen!
Die Farben werden, wie es der Name schon sagt, kreisförmig angeordnet und geben dir so Aufschluss darüber, wie du Farben mischen kannst und welche Farben gut (oder auch gar nicht gut) zusammenpassen.
Der Farbkreis nach Isaac Newton
Der Physiker Isaac Newton war der Erste, der Farben in einem Kreis anordnete. Er ließ Licht durch ein Prisma scheinen und stellte dabei fest, dass Licht nicht einfach nur weiß ist, sondern eigentlich aus sieben verschiedenen Farben besteht.
Diese Farben, die man als Spektralfarben bezeichnet (Rot, Orange, Gelb, Grün, Cyanblau, Ultramarinblau und Violettblau), nutzte Newton als Grundlage für seinen Farbkreis.
Farbenlehre nach Goethe
Der Name Johann Wolfgang von Goethe ist dir sicherlich schon bekannt. Aber wusstest du auch, dass sich Goethe ebenfalls mit der Farbenlehre beschäftigt hat?
Anders als Newton, deren Farbkreis auf der Physik basiert, war Goethe aber natürlich kein Wissenschaftlicher, sondern vor allem ein Dichter. Sein Farbkreis entspricht daher eher rein ästhetischen Gesichtspunkten.
Tatsächlich widersprach Goethe sogar der newtonschen Farbenlehre, denn für ihn war weißes Licht etwas Reines, das man nicht einfach zerlegen kann.
Goethes Farbkreis bestand aus insgesamt sechs Farben und zwei “Seiten”: Gelb, Gelbrot (Orange) und Rot stehen auf der Plusseite und Blau, Grün und Blaurot (Violett) stehen auf der Minusseite. Von diesen sechs Farben sind lediglich Blau und Gelb reine Farben.
Darüber hinaus schreibt Goethe jeder der beiden Seite gewisse Eigenschaften zu. Während die Plusseite mit Licht, Reinheit, Nähe und Wärme in Verbindung gebracht wird, steht die Minusseite für Dunkelheit, Kälte, Ferne und Schwäche.
Die Farbtheorie nach Küppers
Eine weitere Version des Farbkreises stammt vom deutschen Drucktechniker und Dozenten Harald Liebedank Küppers, auch wenn sein Farbkreis eigentlich gar kein Kreis ist.
In seinem Farbkreis gibt es acht Grundfarben.
Sechs davon sind bunte Farben – das sind Gelb, Grün, Cyan, Violettblau, Magenta und Orangerot. Die zwei verbleibenden Farben sind unbunte Farben – Schwarz und Weiß – und zusammen bilden sie den sogenannten Rhomboeder-Farbenraum.
Auf diesem Rhomboeder (ein dreidimensionaler Raum, der von sechs Rauten begrenzt ist) befindet sich an jeder Ecke je eine dieser Grundfarben.
Der Farbkreis nach Itten
Der wohl bekannteste Farbkreis ist der des Schweizer Malers Johannes Itten. Er wird auch heute noch oft im Unterricht genutzt – vielleicht kennst du ihn also schon.
Ittens Farbkreis besteht aus drei Farbgruppen mit insgesamt zwölf Farben.
Im Zentrum des Kreises befinden sich die drei Primärfarben Gelb, Rot und Blau sowie die drei Sekundärfarben Orange, Grün und Violett.
Umgeben werden sie von dem eigentlichen Kreis, der zusätzlich zu diesen sechs Farben die sechs Tertiärfarben enthält.
Diese drei Farbgruppen stehen jeweils in Beziehung zueinander:
– Primärfarben können nicht aus anderen Farben entstehen
– Sekundärfarben werden je aus gleichen Teilen zweier Primärfarben gemischt
– Jede Tertiärfarbe besteht aus je einer Primär- und Sekundärfarbe
Und auch die Anordnung der Farben im Kreis ist alles andere als willkürlich: Die Mischfarben befinden sich immer genau zwischen den beiden Farben, aus denen sie bestehen – so weißt du immer, welche Farben du brauchst, um eine neue Farbe zu mischen.
Darüber hinaus werden Farben, die sich im Farbkreis gegenüberliegen, als sogenannte Komplementärfarben bezeichnet. Diese beiden Farben lassen sich gegenseitig heller wirken und erzeugen einen besonders starken Kontrast.
Mischst du die beiden Komplementärfarben in gleichen Teilen miteinander, entsteht immer ein Grau – zumindest theoretisch. In der Realität ist es eher ein Braun, da sich zum Beispiel die Farben in deinem Tuschkasten nicht ganz genau im Farbkreis gegenüberliegen.
Zusätzlich dazu unterscheidet Itten außerdem sieben Farbkontraste. Darauf wollen wir im nächsten Kapitel einen genaueren Blick werfen.
Die sieben Farbkontraste nach Johannes Itten
Was Komplementärfarben sind, haben wir ja schon erklärt – und auch, dass sie einen sehr starken Kontrast erzeugen und sich gegenseitig heller erscheinen lassen.
Der Mensch empfindet manche Farben eher als kalt (dazu zählen Blau- und Grüntöne) und andere Farben als warm (Rot-, Gelb- und Orangetöne).
Dieses Empfinden ist natürlich in gewisser Weise subjektiv. Es wird aber angenommen, dass es seinen Ursprung in unserer Umwelt hat: Warme Dinge, wie die Sonne oder Feuer, sind gelb und rot, während Eis und Wasser oft blau oder blaugrün erscheinen.
Werden zwei oder mehrere Farben aus diesen beiden Gruppen nebeneinander verwendet, entsteht ein Kalt-Warm-Kontrast.
Der sogenannte Simultan-Kontrast beschreibt die Wirkung einer Umgebungsfarbe auf eine auf ihr liegende Farbe. Eine Farbe kann einen anderen Ton annehmen, je nachdem, auf welche Hintergrundfarbe man sie legt – auch, wenn sich die Farbe eigentlich nicht ändert.
Ein Hell-Dunkel-Kontrast erzeugt eine stark plastische Wirkung, bei der helle Töne in den Vordergrund rücken, während die dunklen Töne als Schatten in den Hintergrund rücken.
Der Farbton-Kontrast (auch Farbe-an-sich-Kontrast genannt) beschreibt die Wirkung zweier reiner Farben, die zusammen einen bunten, intensiven Kontrast bilden.
Diese Wirkung nimmt immer mehr ab, je mehr Mischfarben verwendet werden.
Werden Farben in unterschiedlichen Mengen verwendet, um unterschiedlich große Flächen zu erzeugen, entsteht ein Quantitätskontrast.
Die Farbqualität hängt laut Itten von der Reinheit und der Sättigung der Farbe ab. Einen Kontrast zwischen zwei qualitativ unterschiedlichen Farben erreicht man, indem man eine sehr reine, leuchtende Farbe neben eine stumpfe Farbe setzt.
Kritik an Ittens Farbkreis
Ganz perfekt ist der Farbkreis nach Itten allerdings nicht. Obwohl er sehr bekannt ist und noch immer häufig genutzt wird, um Farbtheorie zu lehren, gibt es an Ittens Farbenlehre einige Kritik, unter anderem auch von Harald Küppers.
So handelt es sich bei Ittens Primärfarben (Gelb, Rot und Blau) streng genommen eigentlich um Sekundärfarben, da sie bereits gemischt sind. Zum Beispiel ist Ittens Blau gar kein reines Blau, sondern eine Mischung aus Cyanblau und Violettblau.
Und das führt sozusagen zu einer Kettenreaktion: Mischt man zwei von Ittens Primärfarben miteinander, entstehen statt Violett und Grün eher ein Braunton mit violettem Unterton und ein Olivgrün. Nur das Orange lässt sich mit Ittens Farben halbwegs mischen.
Mischt man alle drei von Ittens Primärfarben miteinander, entsteht außerdem kein Schwarz, wie es eigentlich der Fall sein sollte.
Auch die Komplementärfarben lassen sich, wie weiter oben bereits erwähnt, nicht wirklich zu einem neutralen Grau vermischen, wie Itten es behauptet.
Stattdessen entstehen hier bei der Vermischung zweier Komplementärfarben Brauntöne mit farbigen Untertönen – sozusagen weitere Tertiärfarben.
Itten bezeichnet die Farben Schwarz und Weiß (und auch alle Graustufen) außerdem als Nicht-Farben und sie sind in seinem Farbkreis nirgendwo zu finden. Dabei sind diese unbunten Farben, wie Küppers sie nennt, in der Kunst unheimlich wichtig.
Johannes Ittens System zur Ordnung von Farben ist also alles andere als perfekt – einige bezeichnen den Farbkreis als unvollständig oder sogar schlicht als falsch.
Ein grundlegendes Verständnis von der Farbenlehre vermittelt Itten mit seinem Farbkreis aber trotzdem. Sein System zeigt dir trotz aller Fehler, was man unter Primär-, Sekundär- und Tertiärfarben versteht und wie die Farben miteinander in Verbindung stehen.
Der vereinfachte Farbkreis
Zum Schluss wollen wir noch einen kurzen Blick auf eine vereinfachte Form des Farbkreises mit nur sechs Farben werfen.
Dieser Farbkreis entspricht im Grunde dem von Itten – aber eben in einer “abgespeckten” Version ohne Tertiärfarben.
Diese Version des Farbkreises wird vor allem an Grundschulen gelehrt.